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Gedenkveranstaltung anlässlich des Novemberpogroms am 9./10.11.1938

Gedenkveranstaltung anlässlich des Novemberpogroms am 9./10.11.1938

28. November 2025

Als wir den Weg zum Gedenkplatz der Synagoge im Flamweg einschlagen, ist es ziemlich kalt, die Art von kalt, die einem regelrecht in die Haut beißt, viel zu kalt für Anfang November.

Schon von weitem stellen wir fest, dass wir mit Abstand die Jüngsten sein müssen, die meisten sind mehrere Jahrzehnte älter als wir. Plötzlich fühlt es sich umso wichtiger an, jetzt hier zu sein.

Es werden leise Gespräche geführt, Leute begrüßt, wir suchen die Menge nach bekannten Gesichtern ab, nicken gelegentlich jemandem zu. Unwillkürlich fragen wir uns, wie viele Menschen nicht daran gedacht haben, dass heute der 10. November ist. Dass genau hier, wo wir gerade stehen, vor 87 Jahren eine Synagoge abgebrannt ist, dass in ganz Deutschland jüdische Wohnhäuser und Geschäfte zerstört und verwüstet wurden, dass Menschen von SS- und SA-Männern, sogar ihren eigenen Nachbarn angegriffen wurden – schätzungsweise 91 Menschen starben in der Nacht, je nach Quelle auch weitaus mehr.

In der ersten Rede fallen ein paar weitere Zahlen; 7.500 geplünderte und zerstörte Geschäfte, 1400 zerstörte Synagogen und Bettstuben. Die Zahlen wirken ungreifbar, genauso wie die Vorstellung, dass Menschen zu solcher Grausamkeit fähig sind.

Es folgen gesungene Gebete, Reden und Gedichtrezitationen (Vers-Fetzen von Mascha Kaléko hallen auch nach der Veranstaltung noch nach), Worte gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung, ein Plädoyer für Menschlichkeit und Toleranz.

Mit aktuellen Wahlumfragen im Hinterkopf nimmt man das Gesagte nochmal ganz anders auf.

Zwei Kränze werden zum Abschluss vor den Gedenkstein gelegt; eine Mischung aus Blumen, Tannengrün und Kranzbändern, auf denen Dinge wie zum Gedenken und Euer Widerstand – unsere Verantwortung stehen.

Mittlerweile ist es dunkel geworden und unsere Hände sind von der Kälte schon ein bisschen betäubt. Es fühlt sich sonderbar an, danach einfach so nach Hause zu gehen, fast schon falsch.

Gedanklich verbringen wir noch eine ganze Weile im November 1938.

Loreley und Aylin
für die AG „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“